Am 31. Januar 1888 starb Johannes Bosco, der große Jugendseelsorger des 19. Jahrhunderts. Am Sonntag wird sein Gedenktag begangen. Zurecht gilt „don“ (Herr) Bosco als Patron der Jugend. Denn sein Herz für junge Menschen war groß. Viele von ihnen, auf der Arbeitssuche nach Turin gekommen, waren im wildkapitalistischen Treiben einer aufstrebenden Industriestadt des 19. Jhs. orientierungslos. Der junge Priester, selbst arm und ohne Vater aufgewachsen, zum Glück jedoch mit einer starken und klugen, tiefgläubigen Mutter, sammelte sie zuerst unter freiem Himmel, auf einer Wiese, bis er ihnen ein bescheidenes Dach überm Kopf bieten konnte. Und den Arbeitgebern für sie soziale Verträge abnötigte. Sie liebten ihren charismatischen Seelsorger abgöttisch nicht nur deshalb. Sympathieträger war er für sie, weil zu spüren war, dass er sie als Mensch ernst nahm. Er wollte das lieben, was ihnen wichtig ist, Freude, Witz und Spiele, ihre Spontaneität, wissend, dass sie dann lieben werden, was ihm wichtig war: aus ihnen „gute Christen und ehrenwerte Bürger“ zu machen. Eine Kostprobe aus einem Brief an junge Auszubildende:
„Dass ich euch mag, muss ich euch nicht sagen, das habe ich euch bewiesen. Dass ihr mich mögt, das müsst ihr mir nicht sagen, das habt ihr mir durchweg gezeigt. Aber unsere gegenseitige Sympathie, worauf gründet sie? Auf dem Geldbeutel? Nicht auf meinem, denn ich leere ihn ständig für euch; nicht auf eurem, weil ihr – mit Verlaub – keinen habt. Also fußt meine Zuneigung auf dem Wunsch, eure Seelen zu retten, die alle durch das kostbare Blut Jesu Christi erlöst sind. Und ihr liebt mich, weil ich versuche, euch auf den Weg des Heils zu führen. Also ist das Wohl unserer Seelen das Fundament gegenseitiger Zuneigung.“
Das war kein frommes Blabla. Nicht nur, dass er für seine Schützlinge ständig unterwegs war, Don Bosco suchte auch zupackende Helfer, aus dem später ein Orden hervorging, um mit Schulen, Internaten und Freizeitstätten sein Werk weiterzuführen: die Salesianer (benannt nach seinem Vorbild Franz von Sales). Das, was Don Bosco seinen geistigen Söhnen und Töchtern – denn es gibt auch die Don Bosco Schwestern – unter anderem ins Stammbuch schrieb, klingt selbstverständlich, macht aber den feinen Unterschied: „Daß die Jugendlichen nicht nur geliebt werden, sondern dass sie diese Liebe selbst auch spüren.“ Konkret werden also, nicht vor lauter Himmel die Erde vergessen! Diese Konkretheit fußt für ihn zunächst auf der Grundhaltung der amorevolezza – dem Liebe-wollen. Also nicht Liebe nur als eine diffuse Gefühlszuneigung für die ohnehin Sympathischen; sondern Agieren aus der Überzeugung heraus, dass in jedem Menschen ein von Gott gestifteter, guter Kern ist.
Diese Konkretheit der Liebe fließt dann in das andere Prinzip im Erziehungskonzept dieses Mannes, der sich zum Wohl der „armen und bedürftigen Jugend“ buchstäblich verzehrte: Assistenza - dabei sein! Im Gegensatz zu anderen Internaten, wo Strukturen den Alltag von Jugendlichen regulierten, steht bei Don Bosco das personale Konzept im Vordergrund: ein Stück des Lebens mit den Menschen teilen, mit ihnen durch Dick und Dünn gehen; nicht nur hinter dem PC für die Jugend da sein, sondern auf dem Arbeits- und Spielplatz, im Theater, in der Küche und Kirche. Das ist sein Ideal, in der Überzeugung, dass die erwünschte Formung so am besten gelingt.
In diesem Sinn, last but not least: In Zeiten ewiger Missbrauchsdebatte sollte nicht unter den Tisch fallen, dass nicht nur ein Johannes Bosco, sondern weltweit hunderte anderer Priester und Ordensleute in konkreter ‚Assistenz‘ der „bedürftigen Jugend“ selbstlos beigestanden und so die Gesellschaft weitergebracht haben, in der Überzeugung des Turiner Heiligen: „Die Vernunft, die Religion, die Geschichte und die Erfahrung zeigen, dass religiöse und zivile Gesellschaft insofern gut oder schlecht sein werden als ihre Jugend gut oder schlecht ist.“
Eine schöne Woche und gute Prüfungszeit wünscht euch
P. J. Gregur, Salesianer Don Boscos