Warten können

Wenn der antike Herrscher eine Stadt besuchte, nannte man das Advent(us) Domini und hieß ihn frenetisch willkommen („Kyrie eleison“). Denn er konnte die Monotonie des Alltags aufmischen und Wohlstandsfortschritt bringen. Analog dazu ist das verheißene Kommen des himmlischen Königs, Jesus Christus, ein Advent. Den Meisten in vorweihnachtlicher Glühweinstimmung hat man das freilich nicht mehr beigebracht. Schade, weil Stimmungen ohne Inhalt schal sind, wenn freilich auch Inhalte ohne Emotionalität langweilig wären.
Apropos Stimmung: Man konstatiert gegenwärtig in der Gesellschaft eine gereizte Stimmung. Es läuft in Ökonomie und Politik nicht mehr in gewohnter Weise alles glatt. Wenn dazu kommt, dass es unseren (jungen) Zeitgenossen, laut einer Umfrage, eher um den augenblicklichen Genuss geht, wenn es also keine größeren Perspektiven gibt, dann sind mimosenhafte Stimmungsschwankungen auf der Tagesordnung.
Ein Auge, das sich selbst sieht, ist krank, gesund ist es, wenn es das Außenstehende wahrnimmt. So gleichen gläubige Menschen ihre ichbezogenen Stimmungslagen aus mit dem Blick auf das, was den Moment übersteigt, das Kommen des Ewigen. Unter dieser Perspektive müssen sie nicht jetzt schon künstlich die Weihnachtsstimmung erzeugen. Sie wird ihnen beim wahren Advent des Herrn geschenkt. Daraus schöpfen sie die Kraft, die natürlichen Stimmungsschwankungen einzuebnen und sich bis zu seiner Ankunft in Geduld und selbstvergessenem Verzicht zu üben.
Einen besinnlichen ersten Advent!
P. J. Gregur