Ideenfeste

Unmittelbar nach Pfingsten feiern wir den Dreifaltigkeitssonntag und am Donnerstag darauf Fronleichnam (= Leib des Herrn). Das sind sogenannte Ideenfeste. Die meisten Feste im Kirchenjahr sind Ereignisfeste: An Weihnachten gedenken wir der Geburt Jesu, an Ostern seiner Auferstehung, an Pfingsten der Herabkunft des Heiligen Geistes; Dreifaltigkeit Gottes ist aber kein Ereignis, sondern eine Wahrheit, eine ‚Idee‘. Deshalb Ideenfest. Fronleichnam ebenso, da feiern wir die Gegenwart Jesu Christi im Sakrament des Altares.
Vielleicht wäre es besser, von Wahrheitsfesten zu sprechen. Idee klingt ja irgendwie harmlos (‚ich hab ‚ne Idee‘), erinnert sogar an Ideologie. Eine Ideologie ist gerade das Gegenteil von Wahrheit, sie ist „falsches Bewusstsein“.
Andererseits: Klingt Wahrheitsfest nicht anmaßend? Was ist Wahrheit, fragte schon Pilatus kritisch beim Prozess Jesu. Auch moderne Geisteswissenschaften sind von einer letzten Wahrheit wenig überzeugt. Der eine sieht es ja so, der andere anders. Jeder soll nach seiner Fasson selig werden.
Dass alle frei sind, zu denken was sie wollen, klingt gut. Aber spätestens, wenn sich daraus in der Praxis Konflikte oder Kriege ergeben, haut das nicht hin. Dann muss eine Wahrheit her, sonst gibt es ein Heil-loses Durcheinander.
Die Religion ist von einer letzten Wahrheit überzeugt.
Was ist nun die Wahrheit von Dreifaltigkeit und von Fronleichnam und wozu sind sie gut? – Dreifaltigkeit sagt, dass Gott nicht in einer einsamen Ferne thront, sondern in sich pulsierende Liebes-Beziehung ist, Vater zum Sohn, Sohn zum Vater, im Heiligen Geist. Diese Liebe ist die Seins-Plattform aller guten Beziehungen auch beim Menschen, dem Geschöpf dieser Liebe. Fronleichnam sagt, dass selbst die Liebe Gottes nicht bei sich bleiben kann. Sie will, zuletzt in der Hingabe des eucharistischen Brotes, unter uns wohnen: Diese Liebe, Jesus Christus, kann von sich sagen: "Ich bin der Weg und die Wahrheit und das Leben" (Joh 14,6), und: Die(se) Wahrheit wird euch freimachen (Joh 8,32). Wovon? Von der Angst, alles sei zufällig, alles gleichgültig und daher sinnlos. - Feste des Kirchenjahres sind wie Bojen im Meer des alltäglichen Einerlei.
Gesegnete Zeit! P. J. Gregur