Bitten, Suchen, Klopfen – eine Anfrage

Lieber Jesus, du sagst diesen Sonntag wieder mal: „Bittet und es wird euch gegeben; sucht und ihr werdet finden; klopft an und es wird euch geöffnet“ (Lk 11,9). Man ist dankbar für dieses Wort, orientiert sich daran und betet. Millionenfach steigen die Seufzer der Menschen zum Himmel, Jahrhunderte schon, einzeln und gemeinsam. Aber tut sich was? Gewiss gibt es Zeugnisse der Erhörung: Rettung und Genesung da, innerer Friede und Trost dort. Aber was ist mit der unermesslichen Zahl der vorzeitig durch Krankheit Niedergerafften, aus der Heimat Zerbombten, von Katastrophen Heimgesuchten, von Verzweiflung Niedergedrückten? Haben sie, wenn gläubig, nicht inständig gebetet, händeringend gesucht und verzweifelt geklopft? Betest nicht auch du im Getsemani, dass der Kelch des Leidens an dir vorübergeht? Aber auch du hauchst am Kreuz dein junges Leben entsetzlich leidend aus. Und was soll unsereiner erwarten, wenn du selbst schon sagst dem Jünger werde es nicht anders ergehen als dem Meister? Ist das Christentum am Ende doch eine Kreuzesreligion, die das Leiden eher rechtfertigen als beseitigen kann? Haben jene recht, die deine Ermutigung, zu bitten, zu suchen und zu klopfen, als Opium des Volkes hinstellen?
Oder liegt ein Denkfehler vor? Muss man, wie du, durchs Leiden ‚Gehorsam‘, das Von-sich-selbst-absehen lernen: „Aber nicht mein, sondern dein Wille soll geschehen“ (Lk 22,42)? Ist mein Glaubenshorizont zu eng, das Gebet in sich selbst gefangen, wenn ich Irdisches nur davon erwarte? Blende ich die Perspektive Gottes aus, die geheimnisvollerweise der Auferstehung das Kreuz und Grab vorangestellt hat?
Oder meinst du es vielleicht doch wörtlich? Dass wir kindlich vertrauen und nicht mit dem Bitten auf halbem Weg stehenbleiben, meinend du wüsstest ja ohnehin um unsere Not, wir müssten sie dir nicht aufdringlich hinhalten; mit dir handeln, wie Abraham in der Lesung (Gen 18)? Oder denkend, dass das Bild vom schlafenden Freund, der erst aufs Insistieren hin reagiert, zum allgütigen Gott gar nicht passt? Sollten wir es also mit den Alten halten, die gegen alle Hoffnung geglaubt haben und – vielleicht anders als gedacht – Erhörung fanden? Oder doch eher mit Paulus, dessen Bitten, Suchen und Klopfen mit „Meine Gnade genügt dir!“ beantwortet wird?
Fragen über Fragen. Du wirst sie entschuldigen, denn unsere leidvollen Erfahrungen puschen sie vor das Forum des Verstandes. Dieser freilich wird nie an ein Ende kommen. Vielleicht sollte ich deshalb das Grübeln lassen und mit dem heiligen Augustinus schlicht bekennen: ‚Unruhig ist unser Herz, bis es einmal ruht in dir‘. In dir, dem Getöteten und doch Lebenden, in dir, dem mit uns Bittenden und Auferweckt-Erhörten.
P. J. Gregur
(Mit guten Wünschen für die Prüfungen – die zwar ‚Todesängste‘ auslösen können, abgelegt aber wie Auferstehung anmuten!)