Allgemein

„Heureka!“

Freitag, 01 April 2022

„Heureka!“

 „Bleib doch mal bei der Sache! So wird das nie etwas,“, mahnt mich der Engel des Gebetes. Er hat recht. Immer wieder schweife ich ab beim Rezitieren der Psalmen. Ein Gedanke, eine plötzliche Idee schwirrt durch meinen Kopf. „Ein Geistesblitz!“ Vielleicht vom Heiligen Geist?

 „Das wage ich zu bezweifeln!“, meint der Engel. „Aber schreib´s auf!“  „Den Geistesblitz?“ „Was denn sonst! Schreibe ihn auf, sonst ist er weg!“ „Aufschreiben? Jetzt!?“ „Nicht unbedingt beim Gebet! Aber überall sonst“, sagt der Engel. 

 Überall sonst:  Das kann sein, beim Lernen und Studieren, wenn einem die Augen fast zufallen. Geistesblitze, so sagt die Wissenschaft. mögen eine leichte Schläfrigkeit.  Und sie bevorzugen Tätigkeiten, bei denen keine große Aufmerksamkeit erforderlich ist: Staubsaugen oder Blumengießen. Spülen in der Küche. Sogar auf dem stillen Örtchen.  „Geistesblitze“ überraschen einen beim Spaziergang oder beim Joggen im Wald. Es ist ratsam, einen Stift und Block dabei zu haben. Natürlich! Das Handy reicht auch.

 Doch warum sollen wir diesem Phänomen überhaupt so viel Aufmerksamkeit schenken? Weil unser Unterbewusstes vieles gespeichert hat, auf das unser bewusstes Denken und Studieren nicht kommt so verkopft wie wir sind.  

 Wissenschaftler haben auch herausgefunden: „Geistesblitze“ kann man nicht erzwingen, weder errechnen, noch herbei beten. Sie kommen gerade dann, wenn man sie nicht erwarten. Die alten Griechen riefen bei einem „Geistesblitz“ „Heureka!“ Was so viel bedeutet wie: „Ich hab‘s gefunden!“

 Um „blitzgescheit“ zu sein. braucht man kein Abitur oder Studium.  Erfinder, Musiker, Literaten, Politiker, (eher selten), sogar Heilige berufen sich auf „Geistesblitze“ als zündende Idee für ihr Schaffen.

 Ein berühmtes Beispiel aus der jüngeren Kirchengeschichte ist die Einberufung des Zweiten Vatikanischen Konzils (1962-1965).  Auf die Frage, wie es dazu gekommen sei, vertraute der Konzilspapst Johannes XXIII. humorvoll seinem Tagebuch an: „Der erste, der überrascht war von meinem Vorschlag war ich selber ...“   

 P. Gerhard Eberts MSF

 

 

Der verlorene Sohn

Freitag, 25 März 2022

Der verlorene Sohn

Das größte Dilemma im Ukrainekrieg liegt wohl darin, dass Putin ohne Gesichtsverlust aus der angezettelten Katastrophe nicht herauskommen kann. Erniedrigt bzw. besiegt kann er sich vor seiner Klientel nicht mehr behaupten. Deshalb ist er für die ganze Welt gemeingefährlich geworden.

Betrachtet man diese Sackgasse, kommt man als Wurzelursache, als ‚Erbsünde‘ um den Stolz nicht herum. Es ist das Wesen des Stolzes, dem Teufelskreis des ‚Ich-ich‘ nicht entkommen zu können. Darin besteht übrigens auch die Hölle: Sie ist die Selbstbestrafung durch die narzisstisch-trotzige incurvatio in se ipsum (hl. Augustinus), Verbohrtheit in sich selbst, die jede Umkehr unmöglich macht. Warum, wie und zu wem umkehren, wenn es nur das Ich gibt?

Das Ich muss nicht nur eine Person sein, es gibt das kollektive Ich eines Nationalismus, einer Ideologie, einer Weltanschauung, einer angeblichen Tradition; Götzen, die auf den Plan treten, wenn es keinen Gott gibt. Die großen Verbrecher des 20. Jh. beispielsweise, Hitler und Stalin, kaschierten ihre Gott-losigkeit und Gangstermentalität auf diese Weise. Das vermeintlich nationale, de facto aber chauvinistische Wir treibt auch den Protagonisten der Aggression auf die Ukraine um. Es macht die persönliche Umkehr noch aussichtsloser.

Bereits die zigmal verbriefte Erkenntnis, dass Egoismen, individuell oder kollektiv, in der Regel beim ‚Schweinetrog‘ der Geschichte enden bzw. in Katastrophen münden, schon sie mahnt zur Besinnung. Besser und aussichtsreicher aber ist der Glaube, dass es da Größeres gibt als mein Ich und meine Ideologie, ein göttliches Du, das meine Verirrung nicht strafend sanktioniert, vielmehr in der Wurzel heilt. Wie beim verlorenen Sohn aus dem Evangelium lassen seine offenen Arme und die verzeihende Erwartung meinen Egotrip wie den Schnee in der Frühlingssonne schmelzen. Mit Gott kann ich ohne Gesichtsverlust umkehren und neu leben.

Einen gesegneten 4. Fastensonntag!

P. J. Gregur

Verlorener Sohn, Bibelied von Martin Pepper

https://www.youtube.com/watch?v=j1fXt3oHL3I

„Lange war ich weggelaufen, suchte in der Ferne mein Glück. War bereit, zu verkaufen, was mir von meinem Erbe blieb. Irgendwann war nur noch Leere, Hunger und Einsamkeit, als ob etwas gestorben wäre, zur Umkehr war ich nun bereit. Doch in mir lebte noch die Schande, ich schämte mich vor deinem Blick. Konnte mich doch nicht verwandeln, ich konnte doch nicht so zurück.

Da sah ich dich am Wegrand stehen, die Arme zu mir ausgestreckt. Ich wusste nun, mir war vergeben, ich war nicht länger angeklagt. Es tat so gut, nach Hause zu laufen, ich machte mich auf den Weg. Und ich begann, vieles neu zu begreifen, welch ein Glück! War ich noch vorher geblendet von Lüge, konnte die Wahrheit nicht seh`n. Da zeigte sich diese Klarheit der Liebe. Ich sah meinen Vater mir entgegen geh`n.

Du stecktest mich in neue Kleidung, gabst mir meine Würde zurück. Ich spürte so was wie Befreiung, ich fühlte mich nicht mehr bedrückt. Langsam wurde alles sichtbar, was ich schon längst verloren sah. Träume von erfülltem Leben waren plötzlich wieder da. In Gottes Haus ist Fülle des Lebens bereit. Und, wer sich aufmacht, erfährt: der Weg ist gar nicht weit.“

Anwalt haben

Freitag, 18 März 2022

Anwalt haben

Es gibt diese berühmte Geschichte von Baron Münchhausen, der sich selbst und sein Pferd am eigenen Haarzopf aus dem Morast herausgezogen haben will; ein physikalisches Unding. Auf Zwischenmenschliches übertragen könnte das heißen, dass nicht nur das ‚Selbstlob stinkt‘, sondern auch die Selbstrechtfertigung auf Misstrauen stößt: Je mehr du dich erklärst, desto befangener kommst du rüber. Besser ist es, jemand zu haben, der für dich spricht, dein Anwalt bzw. deine Anwältin ist.

Das Evangelium des kommenden 3. Fastensonntags inspirierte mich zu dieser Einleitung. Dort wird von einem Feigenbaum erzählt, der schon wieder die erwartete Frucht nicht liefert. Deshalb soll er umgehauen werden. Aber der Gärtner macht sich zu seinem Verteidiger und bittet den Gutsbesitzer um eine weitere Gnadenfrist: Lass ihn doch noch stehen, vielleicht bringt er seine Frucht nächstes Jahr doch.

Wer ist dieser Gärtner, der Anwalt des Baumes? – „Wenn aber einer sündigt, haben wir einen Beistand beim Vater: Jesus Christus“ (1 Joh 2,1). Jesus ist Anwalt, nicht um den zornig-ungeduldigen Herrgott zu besänftigen. Gott hat ja „kein Gefallen am Tod des Schuldigen, sondern daran, dass ein Schuldiger sich abkehrt von seinem Weg und am Leben bleibt“ (Ez 33,11). Der Vergleich mit dem Gutsbesitzer, dessen Gnade ein Ende hat, ist nur ein Ausdruck für die Begrenzung unseres menschlichen Denkens: Irgendwann muss Schluss sein! Bei Jesus gilt das Wort, das er Petrus hinsichtlich Vergebungshäufigkeit sagte: Nicht siebenmal, sondern siebenundsiebzigmal d. h. immer. Der christliche Geduldsfaden sollte kein Ende haben.

Zurück zum Anwalt, praktisch und als Gewissensfrage, speziell jetzt in der Fastenzeit: Wann hast du dich zuletzt für jemand eingesetzt, für andere verwendet, ihre Sache dir zu eigen gemacht oder dich überhaupt dafür interessiert? „Ich habe keinen Menschen“, sagte der Gelähmte, um im entscheidenden Augenblick zum Gesundheitsteich hingetragen zu werden (Joh 5,7f). Es gibt auch jetzt viele, die keinen Menschen haben; zum Zuhören, zur Aussprache, als ‚Klagemauer‘, als Für-SprecherIn bei Mobbing und Verleumdung. Münchhausens Geschichte zeigt: Aus menschlichem Sumpf von Verstrickungen, Schuld und Bosheit kommt man ohne Gott und gegenseitige Hilfe kaum heraus.

Gesegneten dritten Fastensonntag wünscht euch

P. J. Gregur

Eine Zeitenwende

Freitag, 11 März 2022

Eine Zeitenwende

 

Ich bin immer noch ratlos über die Veränderungen der vergangenen zwei Wochen. Der Donnerstag an dem der russische Präsident Putien den Befehl zum Krieg gegen die Ukraine gegeben hat, wird von vielen als Beginn einer Zeitenwende bezeichnet. Hastig werden in Europa Entscheidungen getroffen, die zuvor für nicht Möglich gehalten wurden.

 

Wir stehen an einer Zeitenwende. Dieses Wort, das die aktuelle Weltlage prägt, steht auch über der Fastenzeit, die begonnen hat. Auch sie hat den Charkakter einer Zeitenwende: Ein Püfen des bisherigen Wesges, ein Überdenken alter Entscheidungen und neue Entschlüsse?  Auf was möchte ich verzichten? Was möchte ich ganz bewusst tun?

 

Wer mit diesen Fragen in die Fastenzeit geht, der braucht eine grundlegende Idee wonach er sein Leben neu ausrichten will. Was ist mein Entwurf von einem gelingenden Leben? Was bedeuten mir gewisse Dinge, Personen, Aktivitäten wirklich?

 

Wir können den Lauf der Zeit nicht aufhalten oder zurückdrehen, auch wenn ich mir das manchmal wünsche. Ob wir es wollen oder nicht – wir stehen nun in dieser Zeitenwende.

 

Die Fastenzeit ist zwar eine ruhigere Zeit, aber keine untätige Zeit. Sie ruft dazu auf, sich unserem Leben und der weltweiten Zeitenwende zu stellen. Was ist mein Entwurf von einem gelingenden Leben? Wie will ich die Zeit gestalten, die mir zu Verfügung steht.

 

Geben wir diesen Fragen in der kommenden Zeit einen Raum und lassen wir die Zeitenwende, in der wir stehen, nicht einfach nur geschen. Gestalten wir sie und lassen wir nun Gott unsere Zeit, unsere Geanken und Ziele mitgestalten, im Vertrauen, dass er uns kennt und unser Leben vollenden kann.

Dennis Nguyen

 

 

„Feuer suchst du? Du findest es in der Asche.“

Samstag, 05 März 2022

„Feuer suchst du? Du findest es in der Asche.“

Ein Glas Möhrensaft am Tag, Natürlich aus biologischem Anbau. Darin ein Löffel Olivenöl. Das soll helfen, die Haut glatt und jugendlich zu erhalten,

 Das fühlt sich doch gut an! Anders als die Asche, die uns zu Beginn der Fastenzeit aufs Haupt gestreut wurde. Dieser Ritus bestätigt doch geradezu das Gefühl vieler Menschen: „Ich bin nur der letzte Dreck!“ Darf die Kirche dieses Gefühl verstärken? Müsste sie nicht im Gegenteil das angeknackste Selbstwertgefühl aufrichten?  Stattdessen streut sie Asche auf die Köpfe. „Staub bist du! Zum Staub kehrst du zurück.“ 

 Vielleicht ist das eine Botschaft für alte Menschen, aber muss man junge Menschen mit dieser Botschaft vor den Kopf stoßen? Junge Menschen, die ein Recht darauf haben, das Leben zu genießen oder wenigsten zu entdecken? Es ist ja traurig genug, wie diese Generation aufwächst!  Corona-Pandemie und jetzt: Krieg in der Ukraine. Für die sich kirchlich verbunden fühlen, kommt hinzu: das unsägliche Thema Missbrauch.  Da ist doch die Auflegung der Asche recht unsensibel: „Staub bist du!“ „Dreck bist Du!“

 Wäre das wirklich mit dieser Zeremonie gemeint, würde die Kirche in der Tat die Botschaft Jesu verraten. Nein! Keiner muss die vierzig Tage der Fastenzeit in „Sack und Asche“ verbringen. Durchaus beabsichtigt ist freilich, dass wir zur Besinnung kommen. In jedem Lebensalter tut es gut, sich der eigenen Vergänglichkeit bewusst zu werden und so Bescheidenheit und Rücksicht zu lernen. Das Leben bringt ständig Veränderungen, leider oft auch Niederlagen statt Siegen, Enttäuschungen statt Überraschungen, Krankheit, statt Gesundheit, Liebeskummer statt Liebesglück  

 Je früher man lernt, damit umzugehen, aus einer Niederlage einen Sieg zu machen, umso besser gelingt das Leben.  Die Asche auf den Köpfen markiert den Anfang eines Weges, die wir Fastenzeit oder richtiger österliche Bußzeit nennen, Es ist ein Weg, der vierzig Tage dauert, Ja! Ein Weg, der das Kreuz nicht außer Acht lässt, aber dessen Ziel Ostern ist, wo uns der Auferstandene sagt: „Ich lebe und auch ihr werdet leben!“  In dieser faszinierenden Spannung bewegt sich unser Leben als Christen.

 Die Fastenzeit macht uns Mut  unter der Asche des Alltäglichen und Banalen, des Vergänglichen und Sterblichen die verborgenen Sehnsüchte und Hoffnungen zu entdecken und vor allem den Glauben an das österliche Leben.  und die „die Kohle unter der Asche anzublasen“. Dazu ermutigt uns der jüdische Religionsphilosoph Martin Buber: „Feuer suchst du? Du findest es in der Asche.“

Gebrauchsanweisung: Möhrensaft glättet die Haut. Aber das Aschenkreuz geht unter die Haut. 

  P. Gerhard Eberts MSF

Selbst-los

Freitag, 25 Februar 2022

Selbst-los

Jetzt, am Aschermittwoch, kommt die Fastenzeit wieder oder, wie man besser sagt, die österliche Bußzeit. Denn es geht nicht um das Fasten an sich. Das christliche Fasten hat ein Ziel, ein österliches: Sich enthalten, um Ostern intensiver zu erleben. Aber auch hier nicht nur: Weniger konsumieren, damit das Essen, das Bier, der Wein oder die Zigarette danach wieder besser schmecken. Der tiefere Sinn der christlichen Fastenzeit wird in der Liturgie so in den Blick genommen:

„In Wahrheit ist es würdig und recht, dir, allmächtiger Vater, zu danken und dich in dieser Zeit der Buße durch Entsagung zu ehren. Die Entsagung mindert in uns die Selbstsucht und öffnet unser Herz für die Armen.“ (Fastenpräfation)

Die Selbstsucht ist die Ursünde des Menschen. Adam und Eva haben sich durch ihr ‚Selbst-ist-der-Mensch‘ im Baum des Paradieses an Gott als Lebensmitte vergriffen und ihn auf diese Weise entehrt; ein Bild für den egoistischen Lebens-Konsum von uns allen, mit dem wir meinen: Wir schaffen das! Jesus hat diesen Egotrip stellvertretend korrigiert durch Ganzhingabe seines Ich im Baum des Kreuzes, mit der er den Vater ehrte.

Man könnte die Fastenzeit mit einem Meditationsmantra (zum Ausatmen und Einatmen) so zusammenfassen. Weg von mir – hin zu Dir – eins mit Dir – neu aus Dir!

Ich wünsche euch – im Namen der KHG – ein schönes Faschingswochenende und dann einen guten Einstieg in die österliche Bußzeit!

P. J. Gregur

Die Befleckte lieben

Samstag, 19 Februar 2022

Die Befleckte lieben

Wenn beim Essen dein Gegenüber im Mundwinkel einen Speiserest hat, wirst du garantiert nur darauf starren, der Mensch dahinter verschwindet quasi. – Ähnlich mutet es an, wenn jetzt vor lauter Missstände das Gute an der Kirche aus dem Blick gerät. Wieder und wieder wird die Katholische Kirche als ganze unter Beschuss genommen. Gestern z. B. (17. 2.) im BR bei „Asül für alle“; hier noch relativ moderat, doch selbstverständlich unter Applaus des virtuellen Publikums: „Glaubensgemeinschaft, für die sich Gott unentwegt schämen muss“ (M. Uthoff). Nicht nur Kirchenferne müssen langsam den Eindruck gewinnen, es handele sich um nichts als ein machtgieriges Sündenbabel von MissbrauchstäterInnen.

Bei aller Berechtigung der Diskussion, es nervt langsam! Ja, die ‚Moralapostel‘, wie man spottet, haben gesündigt, den Menschen und so auch der Kirche schwer geschadet. Nichts ist da zu beschönigen und Enttäuschung verständlich. Aber sollte man das Kind mit dem Bad ausschütten? Verdammen, Brandmarken, Austreten? – Ganz und gar nicht. Gründe?

Entscheidende, theologische Gründe werden oft nicht mal mehr intern verstanden, geschweige denn in der Öffentlichkeit: dass die Kirche vor allem eine geistliche Gemeinschaft ist, in der sich Getaufte Christus, einander und der Welt verpflichtet wissen. Man kann selbstverständlich historisch den Blick auf das Machtgehabe des mittelalterlichen Klerikalismus fixieren. Man kann aber auch auf die Dom- und Klosterschulen blicken, wo nicht nur adelige Jugendliche Aufnahme fanden; auf die Hospitäler und Apotheken, um die sich sonst niemand kümmerte; auf die Schreibstuben der Mönche, die antike Schriften kopierten und überlieferten, von denen wir heute noch profitieren. Allen Vorurteilen zum Trotz steht fest, dass die Kirche Universitäten ins Leben rief, ihre Mitglieder Wissenschaft und Kultur entscheidend voranbrachten. Nicht zu sprechen vom Widerstand gegenüber manchen Irrwegen des Zeitgeistes; vom Engagement der IdealistInnen, die im Namen Jesu die Not der Welt erträglicher machte: Bischof Martin, Nikolaus, Franz von Assisi, Katharina von Siena, Angela Merici, Ignatius, Theresa von Ávila, Don Bosco, Kolping, Mutter Theresa und unzählige andere Wohltäter der Menschheit. Das Bashing der Kirche empfinde ich persönlich als ungerecht, nicht nur, weil es auch meine Jugendarbeit in Missbrauchs-Sippenhaft nimmt, sondern auch meine Schwester, die beiden Tanten und die Cousine, die als Klosterfrauen in der Nachfolge Jesu nur auf Gottes Lohn bauten. Widerspruch ist angesagt angesichts diskriminierender Häme im Namen zahlreicher Idealisten im Priester- und Ordensstand, die auch heute weltweit täglich mit und für die Armen leben (mein Mitbruder Lothar Wagner beispielsweise, der seine Straßenkinder in Afrika auch dann nicht verließ, als viele vor Ebola flohen. Die Kirchenkritik mag hier die Konkurrenz antreten und ihre Leistungen vorweisen!). Die Kirchenschelte ignoriert das Engagement ungezählter ‚Laien‘, die im Namen der Kirche christliche Solidarität praktizieren. Sie setzt sich ahnungslos über die christlichen Ideale hinweg, die unsere Zivilisation genetisch prägen; Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit sind keimhaft in den Gründungsschriften der Kirche (Paulus) angelegt. Wer sich über all das ehrlich informiert, wird unschwer die Überzeugung des Ex-Bundesentwicklungsministers Gerd Müller teilen, die er aus eigener weltweiter Erfahrung gewann: „Katholische Kirche ist größte Bewegung für Frieden und Gerechtigkeit auf der Welt!“

„Warum bleiben, wenn die Kirche zum Davonlaufen ist?“ Zu diesem Thema sprach unser Bischof Bertram beim letzten Augsburger ökumenischen Hochschulgottesdienst. Es lohnt sich, seine Gründe nachzulesen. Nicht nur um in der Kirche zu bleiben, sondern um sie trotzdem zu lieben – die Befleckte.[1]

Eine schöne Woche!

P. J. Gregur


[1] „Warum bleiben, wenn alles zum Davonlaufen ist?“ https://www.hochschulgottesdienste.de/

 

„Ihr werdet lachen“

Freitag, 11 Februar 2022

„Ihr werdet lachen“

„Es ist zum Heulen“, jammert die junge Frau. „Was ist zum Heulen?“  „Alles. Die Politik! Die Kirche! Die Familie!“ Nichts Bestimmtes. Die Frau verfällt in den in Deutschland gängigen Jammerton. Dabei überhören Menschen, wie diese junge Frau, wahrscheinlich auch die Botschaft, mit der uns der Evangelist Lukas in den Seligpreisungen am Sonntag überrascht: „Selig, die ihr jetzt weint. Ihr werdet lachen.“

Gibt es nichts Wichtigeres als das Lachen? Ja, wichtiger sind Humor, Heiterkeit und Freude. Sie sind keine beliebigen Zutaten zum Christentum. Sie sind notwendig wie das Salz in der Suppe. Doch auch das Lachen und sogar der Witz gehören dazu. 

 Der evangelische Hamburger Theologe und Journalist Hinrich C. G. Westphal ist überzeugt: „Humor und Witze machen das Leben leichter und bieten den Menschen die Möglichkeit, auch das Abstrakte oder gar das etwas Unheimliche einer Religion fassbar zu machen.“ Westphal hat religiöse Witze gesammelt. Sein Buch trägt den Titel:  "Heiter bis heilig.“  Witze macht man ausgerechnet dort, wo es ernst wird: beim Tod., Das illustriert der Autor so: "Pfarrer Weigelt erschrickt, als er in der Zeitung seine eigene Todesanzeige entdeckt. Er ruft den Bischof an und macht ihn darauf aufmerksam. Der zeigt sich geschockt: Lieber Bruder, um Himmels Willen, sagen Sie mir: Von wo rufen Sie nur an?"

Das Lachen und vor allem den Humor kann man freilich nicht befehlen. Humor bedeutet: Feuchtigkeit, Saft, wie eine alte medizinische Auslegung schreibt. Humor muss von innen kommen. Man muss tief graben, um in dem eigenen Inneren die Quellen der Menschlichkeit wieder freizulegen.  Dazu will uns Jesus bringen, wenn er sagt: „Selig, die ihr jetzt weint, ihr werdet lachen.“

 Ich sehe das Bild vor mir, wie Jesus, das verlorene Schaf auf den Schultern, müde, aber mit strahlendem Lächeln auf uns zukommt: „Freut euch mit mir! Ich habe das Schaf wiedergefunden, das verloren war.“ Und ich sehe das Bild der Engel vor mir, von denen Jesus sagt: „Es wird im Himmel mehr Freude sein über einen Sünder, der sich bekehrt als über neunundneunzig (griesgrämige) Gerechte.“    

So schenke ich euch ein Lächeln! Mit Mundschutz – mehr ist im Augenblick nicht drin. 

Aber es kommt auch wieder anders. Das wäre doch gelacht!

 Euer Pater Gerhard Eberts

Menschen fangen?

Freitag, 04 Februar 2022

Menschen fangen?

Jesus sagt am kommenden Sonntag zu Petrus: „Fürchte dich nicht! Von jetzt an wirst du Menschen fangen“. Menschenfischen bzw. „-fangen“ kommt im Zusammenhang der aktuellen  Missbrauchsdebatte nicht so gut herüber; klingt nach geistigem Missbrauch. Denn weder wollen die Fische gefangen, noch Menschen vereinnahmt werden.

Doch das Bild aus dem Fischerleben sollte nicht rationalistisch zerpflückt werden. Ihr Hintergrund steht lediglich für die absolute Überzeugung Jesu, dass seine Sache unverdächtig gut für die Menschen ist. Um im Bild zu bleiben: die Fische hätten nichts dagegen, im trüben Wasser gefangen, um danach in klare Gewässer umgesiedelt zu werden.

In der Überzeugung vom „Leben in Fülle“ bei Jesus werden seine Jünger zu Aposteln, d. h. zu Gesendeten bzw. Missionaren. Die Sendung aktiv und überzeugt zu leben, von Jesus begeistert zu berichten, heißt nicht manipulieren. Es heißt vielmehr nur, nicht an sich halten zu können, wenn das Herz hingerissen ist. Oder wie es die Apostel dem Hohen Rat entgegnen, als man sie wegen der Verkündigung maßregelte: „Wir können unmöglich schweigen über das, was wir gesehen und gehört haben“ (Apg 4.20).

Es gehört zum Wesen der Kirche, missionarisch zu sein und Menschen für Christus zu gewinnen, der sagt: „Kommt alle zu mir, die ihr euch plagt und schwere Lasten zu tragen habt. Ich werde euch Ruhe verschaffen“ (Mt 11,28).

Gesegneten Sonntag und – wenn – gute Prüfungszeit!

P. J. Gregur

Kannst du pfeifen?

Freitag, 28 Januar 2022

Kannst du pfeifen?

„Schau dass du weiterkommst, Nichtsnutz!“, schrie der schlechtgelaunte Messner den Jugendlichen an, der sich am 8. Dez. 1841 zufällig in die Kirche verirrte, wo der junge Priester Johannes Bosco gerade dabei war, die Messe zu feiern. „Was machen Sie da, das ist mein Freund!“. – Noch nicht. Aber er wurde es. Noch mehr: Diese Begegnung mit Bartolomeo Garelli – so hieß er – steht symbolisch für die Haltung des „Vater und Lehrer der Jugend“, wie die Kirche ihn jährlich am 31. Januar feiert. Als Priester des 19. Jhs. interessierte ihn zunächst die religiöse Sozialisation des Jungen: Kannst du Vaterunser, kennst du Beichte, hattest du Katechismusunterricht? Nichts dergleichen. Bosco merkte schnell, dass dieser zerlumpte Bauernjunge im kapitalistisch aufstrebenden Turin kaum eine Chance hat, und fragte: „Aber pfeifen kannst du?“ Das konnte er!

Dies wurde zum Programm: Es gibt keinen (jungen) Menschen ohne irgendein Talent oder einen guten Kern, meinte er im Gegensatz zum Messner und vielen Kollegen. Ich muss den Jugendlichen in seiner Situation abholen, ihn gernhaben, ohne Vorleistungen. Im Gegenteil, ich muss investieren, lieben, was junge Menschen lieben, damit sie leben, was mir wichtig ist.

Für Don Bosco stand selbstverständlich die Religion an erster Stelle. Deshalb hatte er in allem die Glaubensunterweisung im Sinn, er übte mit seiner „armen und bedürftigen Jugend“ sogar das Psalmensingen. Denn die Liturgie war der Fluchtpunkt seines pastoralen Bemühens. Aber er wusste, dass der Gottesdienst ohne Menschendienst in der Luft hängt.

Doch zurück zum ‚Pfeifen‘: Dem Jugendapostel wird das Sprichwort zugeschrieben: „Fröhlich sein, Gutes tun und die Spatzen pfeifen lassen“. Man hat ihm alles Mögliche unterstellt, hielt ihn reif fürs Irrenhaus in seinem Engagement, junge Menschen zu „guten Christen und anständigen Bürgern“ zu machen, wie es damals hieß. Alles Geschwätz, die Vorurteile und Verleumdungen ließ er dabei links liegen.

Ein sympathischer Heiliger, mit dem christlichen Programm schlechthin: Im Namen Jesu „allen alles zu werden“ und für die Schwächeren da zu sein. Es lohnt sich, Don Bosco näher kennenzulernen (siehe LInk unten). Gerade in der Prüfungszeit wirkt seine fröhliche Lässigkeit entspannend, meint

P. J. Gregur, Salesianer Don Boscos

https://www.youtube.com/watch?v=MfLk5V_Pyxs

 

Heilige

Freitag, 21 Januar 2022

Heilige

Am Montag, den 24. Januar jährt sich der 400ste Todestag des heiligen Franz von Sales. Er war Bischof von Genf, geistlicher Begleiter und Schriftsteller. Nach ihm wurden von Johannes Bosco die Salesianer benannt; wegen der geistlichen ‚coolness‘, großer Weitherzigkeit. Während andere die Angst vor Gott schürten, meinte er: „Mit einem Tropfen Honig fängt man mehr Fliegen als mit einem Fass Essig.“ Don Bosco, der Jugendapostel des 19. Jhs. in Turin, lebte diese Haltung im Umgang mit jungen Menschen: Nicht Regeln vor den Latz knallen und dann die Übertretung strafen, sondern: Dabei sein, mitmachen, lieben, was junge Menschen gern haben. Die erzieherische Sympathie ist der besagte Honig, auf den nicht nur Jugendliche fliegen.

Am Dienstag feiern wir in der KHG das Thomas-von-Aquin-Fest. Auch er ein Heiliger, diesmal aus dem 13. Jh. Theologiestudierenden ist er vertraut, er prägte mit seiner philosophischen Theologie ganze Jahrhunderte bis heute.

Franz von Sales – geistliche Milde, Johannes Bosco – pastorale Liebe, Thomas von Aquin – Nachdenken über Gott; was ist ihnen gemeinsam? Dass sie für die Kirche und Welt Großes geleistet haben? Thomas hat am Ende seines Lebens erkannt: Alles, was ich geschrieben habe, ist im Grunde nur wertloser ‚Stroh‘. In der Tat werden diese Menschen in der Kirche bis heute nicht aufgrund ihrer Leistung verehrt, sondern aufgrund ihrer Heiligkeit.

Und was ist Heiligkeit? – Ein Heiliger setzt sich Gott aus wie der Mond der Sonne. Er leuchtet und wärmt nicht aus eigener Kraft, sondern kraft der Sonne. Indem wir uns Gott aussetzen im Gebet, Gottesdienst, Meditation, werden auch wir heilig(er). Um die Wirkung brauchen wir uns dann nicht weiter zu kümmern, die kommt wie von selbst.

Eine schöne Woche!

P. J. Gregur, Salesianer Don Boscos (SDB)

Einheit in Vielfalt

Freitag, 14 Januar 2022

Einheit in Vielfalt

Vielfalt erfreut, varietas delectat, wusste man schon immer, auch als es noch nicht industriell gestanzte Einheitsware gab. Die Natur lässt keine zwei gleichen Individuen zu, weder in der Pflanzen- noch in der Tierwelt. Seit Jahrmillionen gab es keine zwei gleiche Wolken, nicht einmal zwei identische Schneeflocken, unendlich schöpferisch ist die Phantasie ihres Schöpfers. Vielfalt wehrt der Langeweile, das Einerlei kann ‚tödlich‘ sein. Seltsam dann aber, wenn Menschen einander oft über einen Kamm scheren wollen, sie in ideologische Schubladen stecken, durch die Einheitsbrille ihrer Erwartungen kritisch beäugen und durch den Fleischwolf gewohnter Vorstellungen drehen. Oft sind es gerade die Gläubigen, die ‚bunte Vögel‘ in ihren Reihen nicht dulden.

Gegen das Einerlei redet der Apostel Paulus in der Gemeinde von Korinth an. Die Unverträglichkeit der Vielfalt dort brachte Zwietracht und Spaltungen unter die Christen. Um sie zusammenzuhalten, macht Paulus klar, dass Unterschiede nicht schlecht, sondern im Gegenteil gut sind. Jeder Mensch hat Begabungen (Charismen), die anderen nützen können.[1] Der eine kann gut rechnen, die andere geschickt reden; die eine tief glauben, der andere forsch anpacken; der eine charismatisch beten, die andere Not lindern. „Es ist normal, verschieden zu sein“, heißt es in einem Song (zu berührenden Bildern von Menschen mit Handicap[2]).

Verschiedenheit ja – aber nicht Chaos; Einheit in Verschiedenheit! Und wie geht das? „Es gibt verschiedene Gnadengaben, aber nur den einen Geist. Es gibt verschiedene Dienste, aber nur den einen Herrn. Es gibt verschiedene Kräfte, die wirken, aber nur den einen Gott: Er bewirkt alles in allen.“ (1 Kor 12,4-6). Mit Gott als Mitte im Denken und Tun kann man die Eigenart der anderen ertragen, sie sogar lieben.

Zum Schluss (ganz unter uns, nicht weitersagen!) eine psychologische Weisheit aus dem Spruchkalender: „Pfeif auf Regeln. Sei die Ausnahme. Damit erntest du nicht von allen Applaus, wohl aber Respekt.“ 

Eine bunte Woche! 

P. J. Gregur

 [1] https://www.erzabtei-beuron.de/schott/schott_anz/index.html?datum=2022-01-16

 

 

Was bleibt von Weihnachten?

Mittwoch, 05 Januar 2022

Was bleibt von Weihnachten?

Der Weihnachtsbaum nadelt – die Kerzen sind abgebrannt – Geschenkpapier landet in der Tonne.

 Was bleibt von Weihnachten?

Auch die Sterndeuter aus dem Osten werden bald auf einem anderen Weg in ihr Land heimziehen. Nur ihre Schätze werden sie zurücklassen für das Kind und seine Mutter. Die Schätze der Sterndeuter, auch für uns.  

Weihrauch! Es stinkt gewaltig auf diesem Planeten. Umweltverschmutzung nimmt uns die Luft zum Atmen. Hassreden und gehässige Drohungen stinken wie die Pest. Der Weihrauch ist ein Symbol der Reinigung. Er hüllt uns ein in den duftenden Mantel der Menschlichkeit und des Mitgefühls. So wie der Weihrauch von der Erde aufsteigt, verbindet er uns mit dem Göttlichen. Ein Zeichen der Anbetung. Der Weihrauch stärke unseren Glauben.

Myrrhe. Ein Kraut, das alles symbolisiert, was wir nur schwer zu verdauen ist und was uns sauer aufstößt. Ein Bitterkraut. Aber von heilsamer Wirkung. Das Kind in der Krippe ist gekommen, um unser Leben zu teilen, um die Sünde zu tilgen und für uns Leiden und Tod auf sich zu nehmen. Heilung und Heil wird uns geschenkt. Auferstehung ist uns verheißen. Die Myrrhe vermehre unsere Hoffnung.

Gold. Die Welt giert nach Gold. Geld regiert die Welt. Besitz und Macht entzweien Menschen und Völker und Religionen; führen zu Korruption, Kriegen und Gottvergessenheit. Das wahre Gold ist eine Währung des Herzens, stärkt die Bereitschaft zu teilen und weckt die Freude an der Gemeinschaft. Das wahre Gold entflamme unsere Liebe. 

Was bleibt von Weihnachten?

Mach es wie Gott

werde Mensch

P. Gerhard Eberts MSF

Weihnachtliche Logik

Freitag, 24 Dezember 2021

Weihnachtliche Logik

An Weihnachten, so die Erinnerung aus der Schülerzeit, war für mich immer ein gewisses Missvergnügen, in der Messe am Tag das Evangelium vom Logos, „Wort“ zu hören: „Im Anfang war das Wort und das Wort war bei Gott und Gott war das Wort“. Zu abrupt, innerhalb von ein paar Stunden, dieser Übergang von der Krippenidylle hin zur hochkomplizierten Theologie.

Heute denke ich: Was hätten wir davon, bliebe es bei der herzrührenden Szene im Stall von Bethlehem? Was für eine Heilsbotschaft wäre die Geburt eines Kindes in Armut und Elend irgendwo am Ende der Welt? Elend hat die Menschheit selbst genug. Da braucht es schon eine tiefere weihnachtliche Sicht, mit der sich der kritisch denkende Mensch auseinandersetzen kann, vielleicht muss. Johannes bietet sie zu Anfang seines Evangeliums, das Zitat von oben stammt daraus.

Für die Griechen war Logos nicht nur Wort, sondern die Weltvernunft, eine Art rationale Struktur, nach der alles seine Logik hat, nach der die Natur sich entwickelt und ihren Zielen entgegenstrebt. Jeder Mensch trage in sich einen Samen davon und ist daher ein rationales Wesen. Die christlichen Denker rezipierten das, fügten aber hinzu: Ok, nur ist dieser Logos nicht die mathematische Logik eines blinden Weltgetriebes oder irgendein moralisches Gesetz im Menschen. Nicht kosmische Rationalität ist es, sondern liebendes Umfangen allen Seins, dessen Grund Gott als Liebe ist. Die Liebe aber ist nie anonym und theoretisch, sondern konkret erfahrbar, sie offenbart sich als personales Gegenüber. Aus diesem Grund ist für uns – leibliche Wesen – „das Wort Fleisch geworden“.

Mit der Fleischwerdung des Wortes passiert eine ‚Heilung an der Wurzel‘ kosmischen Ausmaßes: Der tragende Logos aller Schöpfung – sie ist durch ihn geworden – offenbart sich an Weihnachten den Menschen als Immanuel, Gott mit uns. Wozu aber? Um unserer Erdenschwere, Selbstgenügsamkeit und Gottvergessenheit entgegenzuwirken. Als Realsymbol (Sakrament) der Liebe vereinigt Jesus in sich Himmel und Erde, Gottheit und Menschheit und begründet so den Anfang einer neuen Welt. Wir Christen klinken uns in diesen Prozess leiblich erfahrbar ein durch die Taufe, vor allem aber in der Eucharistie, der verstätigten Gegenwart des Menschgewordenen in der Liturgiefeier der Kirche.

Zugegeben: das ist hochtheologisch. Aber, wie gesehen, auch biblisch, altkirchlich und bis heute ostkirchlich. Billiger ist, meine ich, Weihnachten nicht zu haben.

Ich beglückwünsche uns alle zu diesem kosmischen Ereignis der Liebe an Weihnachten! Sie möge die Logik unseres Denkens und Handelns im neuen Jahr bestimmen. In diesem Sinn wünschen euch das gesamte Team der KHG, die Hauptamtlichen und der Sprecherrat,

gesegnete Weihnachten und ein gutes neues Jahr!

P. J. Gregur

Gruß

Freitag, 17 Dezember 2021

Gruß

Ist es nicht selbstverständlich, dass man grüßt? Wieso betont dann das Evangelium des kommenden Sonntags extra, dass Maria ihre Verwandte Elisabeth beim Besuch „begrüßte“? Was denn sonst, möchte man meinen, ist es doch mehr als selbstverständlich. – Bei Freunden und Bekannten schon. Sonst aber empfinden wir nichts dabei, achtlos aneinander vorbeizulaufen. Natürlich kann man in der Fußgängerzone nicht alle grüßen, das wäre eine Überforderung der Höflichkeit. Aber dort, wo weinige unterwegs sind? Beim Spaziergang im Wald zum Beispiel. Da kommt mir eine/r entgegen, mein Blick prüft, ob ich grüßen kann: Kein Interesse!

Andersherum freu ich mich. Denn Grüßen ist mehr als bloße Floskel. Man wird beachtet, wird an-gesehen, gar angesprochen; und wer möchte nicht ‚angesehen‘ sein? Nichtbeachtung kränkt, ‚kalte Schulter‘ ist verletzend. Die Beachtung hingegen kann einen ganzen Tag emotional heilen. Der Gruß bewegt immer etwas in der Tiefe, befördert das Lebensgefühl, induziert es und stärkt. Die Seele kommt ins Schwingen. Wie heißt es doch im Evangelium weiter: Als Elisabet den Gruß Marias hörte, „hüpfte das Kind  vor Freude“ in ihrem Leib.

So spielt der Gruß eigentlich in der Sphäre des Segens. Segnen heißt lateinisch benedicere, gut-sprechen: Es ist gut, dass es dich gibt und es wird gut sein, wenn es dich weiterhin gibt.

Sollten wir uns das nicht öfters sagen? Durch einen freundlichen Blick oder das einfache Guten Tag bzw. hierzulande: Griaß di!

Seid gegrüßt zum 4. Advent!

P. J. Gregur

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